Der letzte Tag meiner epischen Radtour von Bad Tölz nach Bettendorf hätte wirklich kein dramatischeres Finale sein können. Nach all den Höhenmetern, Hitzeschlachten und Duellen mit dem Gegenwind entschied ich mich natürlich für die mutigste und abenteuerlichste Option: Statt mir die letzten 90 Kilometer durch den hügeligen Taunus quer durch Wiesbaden anzutun – wer will das denn freiwillig? – ließ ich mich ganz heldenhaft von der Bahn chauffieren. Man muss schließlich wissen, wann man das Kämpfen dem Zug überlässt.
Mörfelden nach Groß-Gerau – ein Meisterwerk an Gemütlichkeit
Der Tag begann unglaublich aufregend. Nach einem ausgedehnten Frühstück, das einem waschechten Abenteurer wie mir gebührt, schwang ich mich auf den Drahtesel und radelte die knapp 10 Kilometer nach Groß-Gerau. Ich meine, nach sechs Tagen, hunderten Kilometern und dem ständigen Kampf gegen Sonne, Wind und meine eigenen müden Beine war das genau die Art von Herausforderung, die noch fehlte, um diese Tour unvergesslich zu machen. Und dann? Ja, dann stieg ich in den Zug. Weil ich es kann.
Die Bahntrasse – wo Rollen ein Traum bleibt
In St. Goarshausen angekommen, erwartete mich dann die Krönung des Tages: die legendäre alte Bahntrasse. Natürlich dachte ich mir zunächst, dass ich den Rest des Tages entspannt ausrollen könnte. Hätte ich wohl vorher mal auf das Höhenprofil geschaut, denn die Steigung von 4 Prozent sorgte eher dafür, dass mein „rollen“ in eine mühsame Bergkletterei überging. Mit jedem Meter fühlte es sich so an, als hätte jemand heimlich eine Handbremse an mein Fahrrad gebaut. Aber hey, nichts ist so erfüllend wie der Gedanke, sich fast schon in Zeitlupe bergauf zu schleppen, während die Beine bei jedem Tritt um Gnade flehen. Glücklicherweise dauerte der Anstieg „nur“ bis Bogel – eine echte Glanzleistung, die ich so schnell nicht vergessen werde.
Ein Nachmittag beim Spatzl
Nachdem ich diesen letzten, sagen wir mal „fordernden“, Tag tapfer überstanden hatte, blieb mir noch Zeit für das, was wirklich zählt: einen Krankenhausbesuch. Denn was wäre ein grandioses Tourfinale ohne noch ein wenig extra Drama? Und so endete mein Tag, ganz unspektakulär, im Krankenhaus bei meinem Spatzl. Ein würdiger Abschluss einer epischen Tour. Oder so ähnlich.
Fazit: Ein Sieg des Willens (und der Bahnfahrkarte)
Rückblickend war diese Tour natürlich genau das, was ich mir immer erträumt habe: Ein einziger Triumph des Willens über meine … sagen wir mal, suboptimale Kondition. Sieben Tage, über 500 Kilometer und unzählige Male die Frage: „Warum tue ich mir das eigentlich an?“ Aber hey, am Ende bin ich angekommen. Was sagt das über meine Fitness? Nun, wahrscheinlich nicht viel Gutes, aber darum geht es ja auch nicht. Am Ende hat der pure Wille gewonnen – und meine nicht unwesentliche Liebe zur Bahn.
Die Höhepunkte (ja, die gab es wirklich):
- Die Alpen als Startpunkt: Was gibt es Besseres, als eine Tour mit ein paar Alpengipfeln zu starten? Herrlich! Und viel zu schön, um es zu genießen, wenn man mit müden Beinen kämpft.
- München, die Isar und viel zu viele Menschen: Den Nervenkitzel des Großstadtverkehrs in München kann man nicht beschreiben. Man muss es erleben! Oder besser: nicht.
- Die Hopfenfelder der Hallertau: Reihen von Hopfenstangen, so weit das Auge reicht. Ein tolles Bild, wenn man nicht gerade den Schweiß von der Stirn wischen muss, weil die Sonne einen mal wieder grillt.
- Die flache Altmühl: ein Geschenk des Himmels! Aber nur, bis die Hügel plötzlich aus dem Nichts auftauchen und man sich fragt, ob man vorher doch lieber hätte trainieren sollen.
- Die Hitze: Temperaturen, die selbst eine Echse ins Schwitzen bringen würden. Die perfekte Voraussetzung für eine angenehme Radtour. Wer braucht schon Schatten?
- Der ständige Kampf gegen den Wind: Großostheim und der Gegenwind – mein persönliches Duell des Jahres. Ich habe zwar nicht wirklich gewonnen, aber hey, ich lebe noch.
- Pizza mit Klaus: Wenn man mit einem Freund bei einer Pizza sitzt, kann man die Strapazen der letzten Tage fast vergessen. Fast.
Am Ende war diese Tour also der Beweis: Man muss nicht fit sein, um so etwas durchzuziehen. Man braucht nur genug Willenskraft, um sich immer wieder aufs Rad zu setzen. Und vielleicht ein bisschen Schummeln – Bahnfahrten helfen bekanntlich Wunder. Aber egal, wie die letzten Tage auch ausgesehen haben, eines kann ich mit Stolz sagen: Ich habe es geschafft. Gegen alle Widrigkeiten, gegen die Natur und gegen meine eigene Trägheit. Die Beine mögen noch wehtun, aber der Triumph, diese Tour zu überleben, bleibt.
Und jetzt freue ich mich auf ein paar ruhige Tage, bevor ich den nächsten Wahnsinn plane. Denn wenn ich eins gelernt habe, dann das: Man muss nur genug wollen – dann kann man sich alles zutrauen. Sogar so eine Tour. Na ja, fast.