Goethe, Chrupalla und der Kompass ins Nichts

Goethe in einer Talkshow mit Tino Chrupalla – die spannendste Frage des Abends: Wer verlässt zuerst die Bühne? Chrupalla, weil ihm der alte Herr mit messerscharfer Logik die Fakenews um die Ohren haut, oder Goethe, weil er sich dieses Drama nicht länger antun will? Eines ist sicher: Goethe war kein Mann der einfachen Antworten – und hätte sich das Kleingedruckte ganz genau durchgelesen.

Während auf Facebook, X und TikTok die großen Fragen des Landes diskutiert werden, zog es mich an einen Ort, an dem Goethe vermutlich mehr Freude gehabt hätte: den Goethe-Punkt über Obernhof. Um pünktlich zum Sonnenuntergang dort zu sein, wählte ich den Lahn Wein Stieg – gegen den Uhrzeigersinn, denn anders als manche Politiker hatte ich einen funktionierenden Plan.

Allerdings hatte ich einige Kletterpassagen nicht ausreichend bedacht. Sinnigerweise hatte ich nur meine kleine Kompaktkamera in der Jackentasche – und im Rucksack lediglich die Überlebensration Doppelkekse plus eine Thermoskanne mit warmem Tee und natürlich meine rote Sturmlampe. Die Leiterpassagen am Adelhahnkletterweg und unterhalb des Kreuzes Weinähr hatten es in sich. Und als wäre das nicht genug, war auch das letzte Stückchen zum Goethe-Punkt alles andere als ein gemütlicher Spaziergang.

Unterwegs begegnete ich beim Aufstieg zum Kreuz Weinähr zwei Wanderern. Einer hatte gut sichtbar ein Garmin-Navigationsgerät am Rucksack baumeln – mit leerem Akku. Ob Alice Weidel ihm den Strom abgedreht hat, weil Bargeld doch reicht, um sich den Weg freizukaufen? Oder war es eine Dunkelflaute, verursacht durch die Energiewende der Grünen? Vielleicht war es auch einfach nur schlechte Vorbereitung – was ihn zumindest für eine politische Karriere qualifizieren würde. Zum Glück war die Route, selbst ohne funktionierende Technik, nicht schwer zu finden. Alle fünf Meter hing ein Wegweiser in der Botanik – man hätte den Goethe-Punkt vermutlich sogar blind mit 7 Fässern Wein intus erreichen können.

Das ständige Auf und Ab der Tour erinnerte mich an Tino Chrupallas Aussagen in den öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten – unberechenbar, voller Stolperfallen und am Ende ohne erkennbaren roten Faden. Nur mit dem Unterschied, dass ich oben am Goethe-Punkt wenigstens eine klare Aussicht hatte – und kein Schwurblerdunst mir diese verwehrte.

Beim Abstieg stieß ich auf drei Wanderer, die meine Sturmleuchte bestaunten, als hätte ich gerade das Licht der Zivilisation neu erfunden. Einer fragte mich sogar skeptisch, ob die Lampe überhaupt funktionierte. Die Enttäuschung war groß, als er feststellte, dass es sich nicht um eine echte Petroleum-Sturmleuchte, sondern um einen Fake mit LED-Leuchten handelte. Fast hätte er mich gefragt, ob ich sie aus dem Kanzleramt mitgebracht habe. Wahrscheinlicher war aber, dass er mich für eine rote Socke auf Wahlkampftour hielt – verzweifelt auf der Suche nach ein paar Prozentpunkten für eine ohnehin schon verlorene Wahl.

Goethe hätte dazu wohl nur trocken bemerkt: „Die Botschaft hör“ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

Fazit

Während ich den Premium-Sonnenuntergang mit Extra-Laternenromantik genieße, stolpern andere orientierungslos durch Debattenräume und Wahlprogramme. Manche verirren sich in Talkshows, andere auf Wanderwegen – und wieder andere in ihrer eigenen Argumentation. Doch wie schon Goethe wusste:

„Getretner Quark wird breit, nicht stark – egal ob in Talkshows oder Wahlprogrammen.“

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