01.05.25 – Tag der Arbeit. Und weil Feiertage zum Ruhen gedacht sind, beschlossen wir, exakt das Gegenteil zu tun: wandern. Nicht irgendein Spaziergang am Strand, sondern eine ordentliche Tour im Nationalpark Jasmund, zu einem der bekanntesten Naturwunder Deutschlands: dem Königsstuhl.
Der Ausgangspunkt war der Parkplatz am Nationalparkzentrum in Sassnitz. Der Plan: eine 8,5 Kilometer lange Wanderung über die Kreideküste, durch den Buchenwald, mit Fotostopps, Schweiß, Flüchen und hoffentlich einem Kaffee am Ende. Spoiler: Es gab alles davon. Außer den Kaffee.
Der Weg selbst war – zugegeben – wunderschön. Der Wald uralt, die Luft klar, der Boden federnd. Man spürte, dass die Natur hier noch was zu sagen hat. Spatzl ging voran, Schritt für Schritt, wie ein Bergziege mit norddeutschem Zielbewusstsein. Ich schnaufte hinterher, versuchte mein bestes „Ich genieße das gerade total“-Gesicht aufzusetzen und ärgerte mich darüber, dass ich keine zweite Wasserflasche eingepackt hatte.
Nach etwa der Hälfte der Strecke kamen wir am Wasserfall Kieler Bach vorbei – eine kleine Kaskade, aber inmitten der Kreidefelsen wirkte sie geradezu spektakulär. Ich schoss ein Foto, das Casper David Friedrich vermutlich applaudiert hätte. Nebel, Felsen, Dramatik – fehlte nur noch der Mönch im Vordergrund. Spatzl erklärte, das sei das beste Bild des Urlaubs. Ich erklärte, dass ich ihre Sportlichkeit gerade nicht mehr leiden könne.
Weiter ging’s zum eigentlichen Ziel: Viktoriasicht und schließlich Königsstuhl. Klingt königlich, fühlte sich aber eher wie ein Besuch auf dem Jahrmarkt an. Menschenmassen, Gedränge, Selfie-Manöver am Abgrund, Menschen mit Drohnen, Kindern, Hunden, Kinderwagen und erstaunlich viel Parfüm für eine Waldwanderung. Wer hier ein ruhiges Naturerlebnis sucht, hat die Rechnung ohne die Reisebusfraktion gemacht.
Wir stellten uns also brav an – die Selfie-Schlacht an der Viktoriasicht war in vollem Gange. Instagram-Stories wurden gedreht, Influencerinnen balancierten auf Wurzeln, während ihre Begleiter sie „noch ein bisschen mehr von links“ fotografierten. Und mittendrin wir – leicht erschöpft, leicht genervt, aber mit dem festen Willen, auch unser Foto zu bekommen. Mission erfüllt. Mit Mühe.

Der Königsstuhl selbst ist mittlerweile nur noch mit Eintritt zugänglich – der Nationalpark lässt sich die Aussicht bezahlen. Wir verzichteten großzügig. Aussicht hatten wir genug gehabt. Stattdessen stiegen wir in den Bus zurück nach Sassnitz. Unsere Knie dankten es uns, unsere Füße weniger.
Dort gönnten wir uns ein Abendessen in einer kleinen, charmanten Pizzeria – mit rustikaler Einrichtung, freundlicher Bedienung und knuspriger Pizza, wie man sie sich am Ende eines Wandertags wünscht. Kein Firlefanz, einfach nur satt und glücklich.
Fazit des Tages: Wer sich durch Selfie-Jäger und Kreide-Kitsch kämpft, hat sich eine virtuelle goldene Wandernadel mehr als verdient. Spatzl sowieso. Ich vielleicht auch. Die Ostsee zeigte sich heute von ihrer majestätischen Seite – wenn auch leicht überlaufen. Aber hey – Natur muss man teilen. Oder sich zumindest durch sie durchkämpfen.
















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