🚂 Teil 3: Usedomer Bäderbahn, polnischer Cappuccino und das Rennen gegen die Rückgabeuhr

26.04.25 – Urlaubstag Nummer drei. Zeit für einen Ausflug in die „weite Welt“ – oder zumindest bis hinter die Grenze. Und wie macht man das Stilecht auf Usedom? Richtig, mit der Usedomer Bäderbahn, kurz UBB – dem nostalgisch klapprigen Hoffnungsträger aller Ostsee-Entdecker ohne Auto (oder mit Leihrad, wie in unserem Fall).

Nach dem Frühstück wurden die gemieteten Drahtesel bepackt, wir stiegen in den Zug Richtung Swinemünde – dem polnischen Gegenstück zu Ahlbeck mit dem gewissen „Hauch von anders“. Die Fahrräder mit in die Bahn zu nehmen, war natürlich ein logistisches Meisterstück: ein Waggon, schätzungsweise zwanzig Rentner mit Nordic-Walking-Stöcken und wir dazwischen, ohne Satteltaschen und Fahrradhelmen unter dem Arm. Wer braucht schon ein Fitnessstudio?

Angekommen in Swinemünde radelten wir erst einmal Richtung Hafen, vorbei an postsozialistischer Bausubstanz mit Charme und Plattenbau-Patina. Dann ging’s auf den Euro Velo 10 – eine Art europäischer Radwander-Highway entlang der Küste. Nur mit mehr Sand, Schlaglöchern und Leuten, die offenbar zum ersten Mal auf einem Fahrrad sitzen.

Ziel war der Mühlenleuchtturm – ein pittoreskes Relikt vergangener Zeiten. Da steht er, mitten im Nichts, umrundet von Touristen, mit Selfiestangen und Dackeln. Natürlich musste auch unser obligatorisches Foto her – immerhin sind wir ja im Urlaub und wollen später sagen können: „Da waren wir auch. Hat gerochen wie ein Fischbrötchen bei Windstärke 10.“

Danach führte uns der Weg zur neuen Strandpromenade – ein architektonischer Drahtseilakt zwischen „Wow, modern!“ und „Warum so viel Beton?“. Es war Zeit für Mittag. Und da uns der Hunger inzwischen zu aggressiven Verkehrsteilnehmern machte, kehrten wir beim „polnischen Italiener“ ein. Das Essen? Überraschend gut. Die Pizza knusprig, der Spezi kalt, die Bedienung freundlich – wobei Letzteres möglicherweise mit dem Trinkgeld der deutschen Gäste zusammenhing. Egal. Hauptsache satt.

Nach dem Essen gönnten wir uns etwas Erhabenes: Wir fuhren mit dem Aufzug des Radisson-Hotels in den 13. Stock. Ziel: das Café HORIZON. Oder wie es sich selbst beschreibt: „Genuss mit Aussicht“. Und das war es auch. Wenn man es mag, seinen Cappuccino zwischen lauter Leuten zu trinken, die hauptsächlich damit beschäftigt sind, sich gegenseitig ihre neue Rolex oder ihren Insta-Account zu zeigen. Wir tranken trotzdem – mit Aussicht, versteht sich.

Dann kam der Moment der Wahrheit: der Blick auf die Uhr. Es war wohl kurz vor vier und unser Bahn fur kurz vor halb fünf. Unsere Leihräder mussten um 18:00 Uhr zurückgegeben werden. In Zinnowitz. Also los! Keine Zeit mehr für Umwege oder weitere Selfies. Wir radelten wie gehetzte Brieftauben zum Bahnhof nach Ahlbeck. Wind? Egal. Beine? Schmerzhaft. Motivation? Die drohende Vertragsstrafe.

Punkt 17:58 Uhr rollten wir auf den Hof der Verleihstation. Der Besitzer grinste nur und meinte, wir seien „nicht die Ersten“. Wie tröstlich.

Als Tagesabschluss machten wir noch einmal einen Schlenker zur Seebrücke von Zinnowitz. Immerhin war heute das Wetter besser als bei unserem ersten Besuch. Und irgendwie fühlte sich die Brücke nun schon fast vertraut an. Ein Stück Heimat am Meer – mit Möwen, Sand und dem leisen Rauschen eines gut genutzten Tages.

Fazit: Drei Länderpunkte (Deutschland, Polen, Euro Velo), zwei Kaffees, eine Rückgabe auf den letzten Drücker und ein Muskelkater de luxe. Urlaub in Bewegung – powered by Mietrad und Usedomer Bäderbahn. Morgen wird’s sicher ruhiger. Oder auch nicht.

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