Ach, die Natur – sie ist doch immer wieder ein Genuss! So dachte ich zumindest, als ich mich auf den Weg machte, um die Runde von Karden über Burg Eltz und den Buchsbaumweg zu laufen. Herrliches Sommerwetter, strahlender Sonnenschein und eine Wanderroute, die in Hochglanzmagazinen angepriesen wird – was könnte da schon schiefgehen? Nichts, dachte ich naiv. Aber ich wurde schnell eines Besseren belehrt.
Der Start in Karden war ja noch vielversprechend. Kleine Gassen, malerische Häuser und die gemütliche Atmosphäre eines typisch moselländischen Örtchens. Doch dann begann der Marsch. Ein schöner, einsamer Wanderweg, dachte ich mir, bis ich plötzlich einer kleinen Gruppe niederländischer Touristen begegnete, die ebenfalls zur Burg Eltz wollten. Natürlich. Es gibt eben keinen Ort in Europa, den die Niederländer nicht für sich entdecken. Ich war kurz davor, mich ihnen anzuschließen, in der Hoffnung, dass einer von ihnen wenigstens eine Portion niederländischen Käse oder Stroopwafels dabeihat, um die Wanderung etwas schmackhafter zu machen.
Ausgangspunkt: | Karden |
Höhenunterschied: | ➚520 m ➘520 m |
Anforderungen | schwer |
Einkehr: | keine |
Dauer: | ca. 5 Stunden |
Länge: | ca. 16,3 Kilometer |
Nach einigem Auf und Ab tauchte dann endlich die Silhouette der Burg Eltz vor mir auf. Das historische Juwel, eingebettet in eine malerische Landschaft, soll angeblich einen Hauch von Mittelalter verströmen. Tatsächlich spürte ich diesen Hauch – es war allerdings der heiße Atem hunderter Touristen, die sich um die besten Fotospots drängten und ihre Selfiesticks wie Lanzen vor sich hertrugen. Die Geräuschkulisse glich eher einem Jahrmarkt als einem Ort der Geschichte, mit kreischenden Kindern, geführten Touristengruppen und Menschen, die sich über die schattigen Plätze zankten.
Die Warteschlangen zur Besichtigung waren natürlich beeindruckend, und ich frage mich ernsthaft, ob einige der Wartenden schon beim Anstehen gealtert sind. „Ist das eine Schlange für die Besichtigung oder eine, um den letzten Funken Geduld zu verlieren?“, dachte ich mir, während ich einen weiten Bogen um das Innere der Burg machte. Ich bin ja schließlich nicht hier, um mir anzutun, was gefühlt jeder zweite Europäer gerade tut: in der Warteschlange stehen und hoffen, dass man noch vor Einbruch der Dunkelheit rein darf. Nein, die Außenansicht der Burg reicht mir völlig aus – ein Foto von der richtigen Stelle aus, und schon sieht es aus, als hätte ich wirklich etwas erreicht.
Nachdem ich mir den Trubel lange genug angetan hatte, beschloss ich, die Flucht nach vorn anzutreten und weiterzuziehen. Der Buchsbaumweg versprach ja wieder Ruhe und Abgeschiedenheit. Und tatsächlich: Kaum hatte ich die Burg hinter mir gelassen, wurde es deutlich friedlicher. Ein einsamer Pfad durch die Natur, gesäumt von Buchsbäumen, die sich sanft im Wind wiegten. Fast schon idyllisch – wäre da nicht die steile Strecke, die meine Beine an ihre Grenzen brachte.
Auf dem Weg begegnete mir nur ein einzelnes Pärchen, das ganz verliebt Hand in Hand ging. Sie flüsterten und lachten leise, während ich keuchend und schwitzend den Anstieg erklomm. Herrlich, so etwas zu sehen, wenn man selbst aussieht, als hätte man gerade einen Marathon über brennende Kohlen absolviert. Ich überlegte kurz, ob ich sie nach einem Schluck Wasser fragen sollte, ließ es dann aber doch bleiben. Meine letzte Hoffnung war, dass sie mir zumindest noch eine kalte Dusche aus einer nahegelegenen Quelle zeigen würden, aber nein – sie waren natürlich bald aus meinem Sichtfeld verschwunden, wahrscheinlich in ihrem kleinen Liebesparadies.
Der Buchsbaumweg bot zwar eine schöne Abwechslung zum Trubel an der Burg, aber ich muss sagen, ich war schon ein wenig entkräftet. Jeder Schritt wurde schwerer, und die Hitze tat ihr Übriges, mir den Rest zu geben. Anstatt die Landschaft zu bewundern, begann ich schon Pläne zu schmieden, wie ich mich am schnellsten wieder in eine gemütliche Kneipe in Karden teleportieren könnte. Aber leider bot die Natur keine modernen Bequemlichkeiten wie Teleportation an. Stattdessen musste ich mich weiter durch den Weg kämpfen, begleitet von meinem treuen Begleiter: dem brütend heißen Sommer.
Am Ende war ich froh, wieder in Karden angekommen zu sein. Ein schöner, gemütlicher Ausklang im Ort, an dem ich mir einen großen Schluck aus der Flasche gönnte und darüber nachdachte, ob ich mir die Burg Eltz irgendwann mal an einem Dienstagmorgen im November anschauen sollte, wenn die Touristenmassen vielleicht weniger bedrohlich sind.
Alles in allem war die Wanderung eine wunderbare Mischung aus Einsamkeit und Menschenaufläufen, Naturidylle und Massentourismus. Wer sagt, dass man bei solch einem Spaziergang nicht alles erleben kann? Nächstes Mal nehme ich vielleicht doch besser den Zug direkt bis zur Burg und erspare mir die Schweißperlen – oder ich bleibe einfach zu Hause und schaue mir ein Video über Burg Eltz an. Man kann die Geräuschkulisse von schreienden Kindern ja einfach imitieren, wenn man mag.