„Willst Du den Puff ins Römerkastell tragen?“ kommentierte Spatzl meine Idee, mich mit meiner geliebten roten Laterne auf den Weg zu machen. Der Plan war, vom Wanderparkplatz an der B260 über das Römerkastell Holzhausen zum „Grauen Kopf“ zu laufen und von dort wieder zurück zum Ausgangspunkt.
Das Wetter der letzten Tage war, sagen wir so, bescheiden. Die von Komoot vorgeschlagene Route zu den ausgesuchten Wegpunkten stand dem Wetter in nichts nach. Ich hatte mir trotz der lausigen Vorhersage vorgenommen, die einzig trockene Lücke zwischen zwei atlantischen Tiefausläufern auszunutzen. Spatzl warf einen Blick in Richtung Himmel und auf meine Ausrüstung und entschied sich, den Nachmittag im Warmen zu verbringen.
Bewaffnet mit meiner roten Laterne zog ich also los, um zu den „Windrädern der Schande“ zu pilgern. Es könnte ja sein, dass diese von Ideologen mit besonders viel gesundem Menschenverstand niedergerissen werden. Bei so viel spätrömischer Dekadenz aus der rechten Schmuddelecke stellt sich allerdings die Frage, ob meine kleine rote Laterne ausreicht, deren Oberstübchen zu erleuchten. Andererseits ist bei Einbruch der Nacht mit Dunkelheit zu rechnen und so dürfte es nicht verkehrt sein, eine Laterne mit sich zu führen. Es reicht, wenn bei anderen im Oberstübchen das Licht ausgeht.
So ganz abwegig war der Gedanke von Spatzl jedenfalls nicht. Man munkelt ja, dass die Römer nicht nur ihre Grenzen, sondern auch ihre Bedürfnisse sicherten. Ein Lupanar direkt am Kastell hätte jedenfalls strategischen Charme gehabt. Ob die zwei Frauen ahnten, was ich vorhatte? Jedenfalls schnappten sie sich umgehend ihre Kinder und suchten das Weite. Vielleicht dachten sie, ich wollte mit meiner roten Laterne das Lupanar feierlich wiedereröffnen. So viel zur römischen Gastfreundschaft, die ich offenbar nicht ausstrahlte. Ich nutze die Gelegenheit, um meine rote Laterne im Fahnenheiligtum zu drapieren und darüber nachzudenken, wie so ein Kastell mit einem entsprechenden Unterhaltungsprogramm für Legionäre gewesen wäre?
Wer mit Komoot seine Wanderungen frei Schnauze plant, sollte mit unliebsamen Klettereinlagen rechnen oder ein Gladius mit sich führen. Da letzteres wohl unter die Pflicht eines Waffenscheins fällt, blieb mir wieder einmal nur der Kampf durch Brombeersträucher und umgefallenes Gehölz zu unbekannten Freuden der Wildnis. Dabei war der Aufstieg zum „Grauen Kopf“ noch als Wanderweg markiert. Oben angekommen, war ich erleichtert. Da standen sie, die Windräder der Schande, mit ihrem rhythmischen „Wusch-Wusch“ Klang, als ob die Geister römischer Soldaten in stoischer Monotonie ihre Runden drehten, während sie auf die nächste Dirne warteten. Ein summendes Mahnmal für die technische Moderne, das über den historischen Ruinen thronte.
Ich konnte beruhigt den Rückweg zu meinem Auto antreten. Die Laterne, mein treuer Begleiter, hatte mich sicher durch Brombeersträucher und historische Absurditäten geführt. Vielleicht hatte sie nicht nur die Dunkelheit erhellt, sondern auch ein wenig die Geister der Vergangenheit. Wer weiß, beim nächsten Mal erleuchtet sie mir vielleicht den Weg zu einem neuen Kapitel spätrömischer Dekadenz.














