Besprechungen, an denen keiner teilnimmt: ein Meisterwerk des modernen Arbeitens

Willkommen im Jahr 2024, wo wir Meetings so effizient gestaltet haben, dass niemand mehr daran teilnehmen muss – zumindest nicht wirklich. Als Servicetechniker im Homeoffice habe ich einen einzigartigen Einblick in dieses Phänomen. Ich sitze da, Kopfhörer auf den Ohren, Blick auf den Bildschirm – bereit für das nächste große, ergebnislose Meeting. Der Kalender sagt, es geht um wichtige Themen. Die Realität sagt: „Es wird ein Monolog mit gelegentlichem Schweigen.“

Zuerst mal der Klassiker: Der Organisator taucht nicht auf. Kein Hinweis, keine Entschuldigung, einfach … nichts. Eine Viertelstunde später folgt eine E-Mail mit dem großartigen Satz: „Entschuldigung, ich hatte eine Doppelbuchung.“ Ach so, na klar, dein Tag ist offensichtlich so wichtig, dass du es nicht schaffst, zwei Kalender gleichzeitig zu koordinieren. Ich meine, wer kann das schon? Ich erwarte nur noch, dass beim nächsten Mal der Grund „Ich habe die Einladung nicht gefunden“ kommt. Vielleicht solltest du mal Komoot benutzen, um den Weg zum virtuellen Besprechungsraum zu finden.

Dann gibt es die Besprechungen, bei denen alle zwar anwesend sind – zumindest namentlich – aber faktisch? Abwesend. Es gibt diesen Moment, wenn du eine Frage stellst und nur das sanfte Summen des Laptops als Antwort bekommst. Niemand hat den Mikrofon-Button gedrückt, keiner hat auch nur ein Ohr für die Frage. Es ist, als hätte man sich kollektiv darauf geeinigt, dass Stille die beste Art der Kommunikation ist. Der absolute Höhepunkt kommt, wenn nach zehn Sekunden Funkstille plötzlich einer murmelt: „Sorry, ich war kurz abgelenkt. Kannst du die Frage noch einmal wiederholen?“ Ich dachte, du wärst aus dem Fenster gesprungen oder hättest dich ins Koma geschlafen, aber nein, du warst „kurz abgelenkt“.

Was mir auch regelmäßig Freude bereitet, sind die Geisterbesprechungen, bei denen man sich fragt, ob man überhaupt in der richtigen Besprechung gelandet ist. Man klickt auf den Link, landet in einem leeren virtuellen Raum und wartet. Und wartet. Aber nichts passiert. Vielleicht ein technisches Problem? Vielleicht haben sie alle beschlossen, dass dieses Meeting die Zeitverschwendung des Jahres ist und lieber einen Kaffee trinken? Es bleibt ein Rätsel. Natürlich bleibt auch diese Art von Treffen nie unkommentiert. Irgendwann taucht sicher jemand auf und schreibt im Chat: „Sorry, ich dachte, das Meeting ist morgen.“ Aha, auch du vertraust deinem Kalender blind – und wirst blind enttäuscht.

Und dann, der beste Teil, der eigentliche Grund, warum diese Meetings überhaupt existieren: die Follow-up-E-Mails. Denn warum Zeit mit einem sinnlosen Meeting verschwenden, wenn man alles, was besprochen werden sollte, später als E-Mail-Anhang bekommt? Oh, wie habe ich auf diese E-Mails gewartet. Nach jeder sinnlosen Stunde im „Meeting“ (sprich: Zeit in den Abgrund geworfen), kommt die Erlösung in Form von: „Hier sind die wichtigsten Punkte aus der Besprechung.“ Aha, ich sehe, du hast es also doch geschafft, ganz allein im stillen Kämmerlein alles zu entscheiden – und ich war dabei nur Staffage.

Man fragt sich schon, warum wir nicht gleich auf Meetings verzichten. Wir könnten uns doch das ganze Theater sparen und gleich zur E-Mail übergehen. Aber dann würde uns natürlich die Freude fehlen, die unendlichen Minuten des Wartens, der Stille und der wunderbaren, unverbindlichen Abwesenheit zu genießen.

Am Ende bleibt nur eins festzuhalten: Meetings, bei denen keiner wirklich teilnimmt, sind der wahre Triumph der modernen Arbeitswelt. Sie sind der perfekte Beweis dafür, dass wir uns völlig in der Illusion der Produktivität verheddert haben. Die Frage ist nur: Was mache ich jetzt mit meiner neu gewonnenen Stunde? Richtig, ich gehe raus vor die Tür und rauche.

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