Neujahr, 2025. Während andere noch ihren Kater pflegen, schulterte ich meine Kamera und machte mich auf ins Blaue – beziehungsweise ins Grau. Das Ziel: eine Wanderung voller frischer Luft, Geschichte und, wenn ich Glück habe, ein paar gute Fotos. Was ich bekam: ein verschlossenes Römerkastell, stürmischen Wind und einen Gummistiefel auf einem Ast. Willkommen im blauen Ländchen, wo das Jahr so beginnt, wie es wohl weitergeht: absurd und matschig.
Erster Stopp: die Rekonstruktion des Limeskastells in Pohl. Ein stolzer Nachbau, der zeigt, dass auch die Römer den modernen Bauvorschriften gewichen sind. Geschlossen, natürlich. Historisch korrekt vielleicht, aber wenig hilfreich für den motivierten Wanderer. Also blieb nur ein Foto aus der Distanz – der perfekte Einstieg in meine Tour: ein Symbol dafür, wie nah und doch so fern der Erfolg manchmal liegt.

Auf dem Weg zum Hauserbachsee erwartet mich eine unerwartete Begegnung: eine Schaufensterpuppe, lässig an einen Baum gelehnt, mit einem Fahrrad daneben. Es ist schwer zu sagen, ob sie Teil einer Kunstinstallation oder einfach das Ergebnis einer wilden Silvesternacht ist. Ihr kühler, starrer Blick scheint jedoch perfekt zur allgemeinen Stimmung des Tages zu passen. Natürlich halte ich an, um dieses surreale Stillleben festzuhalten. Ein Moment, der das Konzept von Neujahrswanderungen – irgendwo zwischen skurril und verstörend – auf den Punkt bringt.

Weiter geht es Richtung Hauserbachsee. Die Oberfläche des Sees ist überraschend glatt, fast unnatürlich ruhig angesichts der stürmischen Böen, die den Wald drumherum durchschütteln. Ein Schild erklärt den oberen Bereich zum „Fischschonbezirk“ und erinnert die wenigen Wanderer daran, dass Angeln hier streng verboten ist. Nicht, dass bei dieser Kälte jemand darauf gekommen wäre. Ich will den Steg am unteren Ende fotografieren, der von Moos überzogen ist und aussieht, als hätte er schon bessere Tage gesehen. Die Atmosphäre ist still und irgendwie meditativ, bis mich das Gitter am Anfang des Stegs daran erinnert, dass auch hier kein Zutritt und keine freie Sicht gewährt wird.



Am Ortseingang von Miehlen liegt der alte jüdische Friedhof. Moos überzogene Grabsteine und kleine weiße Steine, sorgsam daraufgelegt, verleihen dem Ort eine friedliche, fast zeitlose Atmosphäre. Die Kamera hält die Details fest, während ich kurz innehalte und darüber nachdenke, wie vergänglich alles ist – selbst an einem Ort wie diesem.

Von Miehlen nach Bettendorf führt der Weg entlang des Ramersbach durch einen kränkelnden Wald, der wie eine leise Warnung wirkt. Kahle Äste und tote Stämme säumen den Weg, und Moos erobert jeden Zentimeter, den es bekommen kann. Ein gelber Gummistiefel, aufgespießt auf einen Ast, bringt mich zum Schmunzeln. Wer auch immer dieses Kunstwerk hinterlassen hat, hat den Geist dieses Ortes auf den Punkt gebracht: skurril, etwas trostlos, aber nicht ohne Humor. Die Kamera klickt, während ich überlege, welche Geschichte ich diesem Stiefel in meinem Blog geben könnte.






Das Jahr 2025 beginnt also nicht perfekt, aber voller Geschichten und skurriler Details. Ob verschlossene Kastelle, verlassene Stege oder aufgespießte Gummistiefel – dieser Tag zeigt, dass man auch in den scheinbar unspektakulärsten Momenten das Besondere finden kann. Und genau das ist es, was das Wandern für mich ausmacht.