30.04.25 – Geschichte, Dampf und Zufallsbekanntschaften. Der Tag versprach von Anfang an abwechslungsreich zu werden. Unser Ziel: Prora – das berühmt-berüchtigte „Kraft-durch-Freude“-Koloss an der Ostsee. Ein Betonband, das sich wie ein geschichtsvergessener Albtraum durch die Landschaft zieht. Einst als Ferienanlage für Zehntausende geplant, heute Mahnmal, Museum und hippe Ferienwohnung in einem. Wer sagt, Deutschland sei nicht gut im Recyceln, hat Prora noch nicht gesehen.
Wir begannen mit einem Besuch im Dokumentationszentrum. Die Ausstellung ist nüchtern, klar und gnadenlos informativ – und das ist auch gut so. Kein Ort für Postkartenstimmung, sondern für Nachdenken. Spatzl war beeindruckt. Ich auch. Nicht nur von der Geschichte, sondern auch von der schieren Masse an Beton, die hier sinnfrei in die Landschaft gegossen wurde. „Typisch deutsche Planung – groß gedacht, nie fertig gebaut“, meinte ich. Spatzl nickte. Und fragte, wann es endlich Kaffee gäbe.
Die Antwort: gleich danach. Nur leider bestand die Realität nicht aus Cappuccino mit Milchschaum, sondern aus einem völlig überteuerten Kaffee und Kuchen, die nicht nur geschmacklich, sondern auch preislich ambitioniert waren. Der Kuchen erinnerte an eine Mischung aus Mauerstück und Pappdeckel. Aber hey – man isst ja mit dem Kopf. Und der war noch bei Prora.
Danach sollte es entspannter werden: Schiffsfahrt von Binz nach Göhren, verbunden mit der Rückfahrt per „Rasender Roland“, der berühmten dampfbetriebenen Schmalspurbahn Rügens. Das Kombiticket hieß „Wasser & Dampf“ – was irgendwie klang wie ein Thermenangebot, aber in Wahrheit bedeutete: man steht bei Wind auf einem Ausflugsschiff, um sich danach in eine museumstaugliche Bahn mit Holzbänken zu setzen.
Trotzdem: schön war’s. Die Seeluft tat gut, die Küstenlinie zeigte sich von ihrer pittoresken Seite, und der Rasende Roland zuckelte mit stolzen 30 km/h zurück nach Binz – begleitet vom leisen Zischen des Dampfes und dem Seufzen der Sitznachbarn.
Am Abend zog es uns nicht mehr in ein Restaurant, sondern an einen ganz besonderen Ort: den Raucherpavillon unserer Pension. Ein Ort, wo sich Menschen treffen, die mehr als nur Urlaub teilen – nämlich ihre Biografien.
Dort lernten wir Klaus aus München kennen. Und Jana aus Cottbus. Klaus war der Typ, den man sofort irgendwoher zu kennen glaubt – aber ganz sicher nie vorher getroffen hat. Jana war die Gesprächige, die uns in die Geschichte ihrer 14 Haustiere einführte, ohne zu fragen, ob wir Katzen mögen.
Es wurde ein überraschend unterhaltsamer Abend. Man sprach über alte Diskotheken, wilde Zeiten in den 80ern und darüber, wie klein die Welt doch ist – bis plötzlich ein anderer Gast um 20:30 Uhr maulend erschien und erklärte, er „wolle jetzt seine Ruhe“. Tja, willkommen im Urlaub, in dem Rücksicht und Realitätsverdrängung Hand in Hand gehen.
Fazit des Tages: Prora ist riesig, der Kaffee teuer, und der „Rasende Roland“ erstaunlich entspannend. Aber die wahren Geschichten schreibt der Abend – am Pavillon, mit einem Bier in der Hand, einer Brise im Nacken und einem Bayern, der irgendwie überall schon mal gewesen ist. Urlaub eben – mit Dampf, Gespräch und einem ordentlichen Schuss Skurrilität.





















