Ostereier, Menschenmassen und melancholische Momente – Ein Frühlingsausflug ins Getümmel

Wer sich zur Blüte der japanischen Kirschen freiwillig in den Schwetzinger Schlossgarten begibt, sollte entweder sehr mutig sein – oder eine ausgeprägte Toleranzgrenze für Menschenmassen und Selfiesticks besitzen. Wir hatten beides nicht und sind trotzdem hingefahren.

Spatzl und ich wollten uns das volle Programm geben: Ostereiermarkt, Zierkirschenblüte und vielleicht ein bisschen Frühlingsgefühl. Was wir bekamen: ein surreales Spektakel zwischen Kunsthandwerk, Kirschblüten-Kult und kulinarischem Trostpflaster.

Ein stilles „Ciao, Klaus“

Der Tag begann mit einem Moment der Ruhe. Klaus, ein wunderbarer Freund und treuer Pizza-Begleiter, war im Februar unerwartet verstorben. In der Trattoria Sicilia bei Katja und Thomas – wo er mit Vorliebe speiste – gab es nicht nur die beste Pizza der Region, sondern auch einen kleinen Abschied. Kein großes Tamtam, keine großen Worte. Nur ein stilles „Ciao, Klaus“ und ein Glas Spezi. Passte irgendwie besser zu ihm als ein Glas Cerasuolo di Vittoria.

Spatzl im Ostereier-Himmel, ich im Wartemodus

Frisch gestärkt ging’s weiter zum Schloss. Spatzl fand sofort ihre Bestimmung: die Ostereierausstellung. Handbemalte Eier, kunstvoll und fragil – für sie das Paradies, für mich die Vorhölle. Sie schritt von Stand zu Stand, wie eine Mischung aus Kunstkritikerin und Marktforschungsinstitut. Jeder Aussteller wurde mit Fragen bombardiert, egal ob er wollte oder nicht. Ich trottete hinterher wie ein dehydrierter Schafhirte ohne Herde. Ich fragte mich, ob ich mich vielleicht doch noch heimlich absetzen könnte.

Meine Flucht zu den Zierkirschen – diesmal mit Spatzl im Schlepptau

Während Spatzl noch versuchte, sich in ein besonders aufwendig bemaltes Straußenei zu verlieben, lenkte ich unsere Mission dezent um: raus aus der Ausstellung, rein ins Blütenmeer. Die japanischen Zierkirschen standen in voller Pracht – ein Traum aus Rosa und Weiß. Und siehe da: Auch Spatzl konnte begeistert werden. Ich fotografierte sie mit Blüten im Haar, und für einen kurzen Moment war das ganze Tohuwabohu um uns herum wie weggeblasen. Vielleicht lag es am Licht, vielleicht an der Stimmung – oder einfach daran, dass selbst der größte Ostertrubel mal kurz innehalten muss, wenn die Natur so ordentlich aufdreht.

Zwischen Latte macchiato und Erleuchtung

Natürlich waren wir nicht allein. Ganz Baden-Württemberg hatte offenbar dieselbe Idee. Vor der Moschee drängelten sich die Massen für das perfekte Blüten-Selfie. Influencer in Frühlingskleidern, Latte-bewaffnet, mit bedeutungsschwangerem Blick gen Himmel – die Inszenierung des scheinbar Spontanen in Reinform. Wir schwankten zwischen Faszination und Fluchtreflex.

Und dann: Abendrot

Der Tag endete, wie er begonnen hatte – mit einem Moment der Ruhe. Auf der Heimfahrt tauchte die Sonne den Himmel in ein Abendrot, wie gemalt. Fast zu schön, um echt zu sein. Aber eben genau richtig, um den Tag abzurunden. Vollgestopft, laut, schräg – und doch irgendwie besonders. So ein wenig wie das Leben selbst.

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