Windows 11: Wenn 16 GB RAM gerade genug sind, um das Startmenü zu öffnen

Zu Beginn meiner Karriere in der IT reichte ein Computer mit 512 Megabyte RAM, um das Betriebssystem, das E-Mail-Programm, den Browser und vielleicht sogar eine Runde „Moorhuhn“ parallel zu betreiben. Heute hingegen schafft es ein moderner Rechner mit 16 Gigabyte Arbeitsspeicher kaum, Windows 11 im Leerlauf unter zehn Gigabyte RAM-Auslastung zu halten. Fortschritt nennt man das. Oder Ressourcenverschwendung in Reinform.

Windows 11 ist das Betriebssystem, das die Kunst perfektioniert hat, mit möglichst viel Aufwand wenig Wirkung zu erzielen. Man könnte meinen, dass ein Jahrzehnt an Software-Optimierung dazu führt, dass Dinge schneller und effizienter laufen. Doch Microsoft hatte offenbar andere Pläne: Animationen, Schattenwürfe, Transparenz-Effekte – und ein Startmenü, das mehr Speicher braucht als ein komplettes Windows XP.

Schon das Hochfahren von Windows 11 ist eine Show: Erst laden mehrere Hintergrunddienste, dann springen Edge-Prozesse an, obwohl niemand diesen Browser angeklickt hat, und kurz darauf meldet sich Teams aus dem Autostart, um sich selbst zu rechtfertigen. Cortana ist zwar deaktiviert, taucht aber trotzdem regelmäßig in der Prozessliste auf – vielleicht aus Nostalgiegründen.

Währenddessen werkeln Dienste im Hintergrund, deren Zweck selbst IT-Profis kaum noch nachvollziehen können. Da ist der YourPhone-Dienst, der sich an ein Feature erinnert, das seit Jahren keine Relevanz mehr hat. Oder die Widgets-Komponente, die ihre Existenz offenbar nur durch das Anzeigen des Wetters in der Taskleiste rechtfertigt – und dabei gleich mal mehrere Hundert Megabyte RAM beansprucht. Auch das Snipping-Tool, einst ein schlankes Screenshot-Werkzeug, kommt heute mit eigenem Hintergrunddienst, Autostart-Eintrag und einem Update-Modul. Für ein Screenshot-Tool. Ernsthaft.

Der Arbeitsspeicher wirkt inzwischen wie ein moderner Ablasshandel: Je mehr man davon kauft, desto besser lässt sich die Ineffizienz des Systems überdecken. Denn das Problem ist nicht, dass Windows 11 nicht funktioniert. Es funktioniert durchaus – aber mit der charmanten Trägheit eines Smart-TVs von 2015, der jedes Mal kurz nachdenken muss, bevor er den Kanal wechselt.

Was dabei besonders absurd ist: Die Leistung des Rechners wird längst nicht mehr durch Anwendungen limitiert, sondern durch das Betriebssystem selbst. Bevor Du überhaupt dazu kommst, ein Dokument zu öffnen, haben im Hintergrund schon drei verschiedene Dienste RAM reserviert, um Dich an Dinge zu erinnern, die Du nie wissen wolltest.

Und dennoch wird all das als Innovation verkauft. Microsoft nennt das „moderne Benutzererfahrung“. Ich nenne es: hübsch verpackte Inkompetenz. Es ist ein wenig so, als würde man einen Kühlschrank bauen, der per WLAN anzeigt, dass er gerade Strom verbraucht – während er Deine Butter schmelzen lässt.

Windows 11 zeigt eindrucksvoll, dass technischer Fortschritt heute oft nur bedeutet, Dinge unnötig komplex und speicherhungrig zu machen. Die Devise scheint zu sein: Wenn es nicht mindestens 8 GB RAM beansprucht, ist es nicht wert, ausgeführt zu werden. Und wer 32 GB RAM verbaut hat, merkt immerhin nichts mehr davon – das ist dann wohl die eigentliche Optimierung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert